Uwe Steimles Stuhl oder: Der geschlossene Freiberger Dom, der gar nicht geschlossen ist.

Der Freiberger Dom (CC BY 2.0 gravitat-off)
„Egal, wie scheiße die Gags sind. Hauptsache, sie kommen schnell und heftig.“ Gerburg Jahnke im MDR Sonntagsbrunch (Februar 2018) über die heutige „Unterhaltungsindustrie“

Ende Oktober 2017 wird im MDR eine neue Folge von „Steimles Welt“ ausgestrahlt. Dem Teaser-Text zufolge bereist Uwe Steimle regelmäßig ganz „Mitteldeutschland“ und sucht nach „Bewahrenswertem“.

Am 29.10.2017 konnte man das in einer 90minütigen Ausgabe unter anderem in Freiberg beobachten. Nachdem Uwe Steimle unweit des Doms die etwas spezielle Freiberger Eierschecke vor laufender Kamera verkostet, erzählt er direkt im Anschluss seinem Team: „Und hier ist es wirklich passiert, dass ich rein wollte in den Dom. Und da haben die gesagt: Nein, ist nicht möglich. […] Nur zur vollen Stunde, kostet 3 €.“

Er echauffiert sich, dass das im Luther-Jahr doch nicht sein könne und zitiert seine Gesprächspartnerin am Domeingang folgendermaßen: „Dann sage ich Ihnen was hier los ist, die kacken hintern Altar.“ Auf die logische Frage, wer „die“ seien, legt Steimle ihr ein ahnungsvolles „Na, wer wohl!“ in den Mund. Mit dem Zusatz: „Das senden wir aber nicht.“, endet die Episode in Freiberg. Dass es offensichtlich doch gesendet wurde, überrascht indes wenig, schließlich wirbt „Steimles Welt“ mit den Attributen „ungeschminkt, ungefiltert, unzensiert“.

Die ominösen „Die“ tauchen auch schon zu Beginn der Sendung auf. Die Redaktionsleitung des MDR für Kabarett & Comedy schreibt:

„Gleich am Anfang der Sendung erzählt Herr Seidel die Geschichte von den geklauten Forellen und endet mit den Worten: „Was das für Blüten treibt, manchmal..“, kommentiert von Steimle mit einem zustimmenden „Wahnsinn“.“

Blüten treibt Steimles Geschichte in der Tat: Kurz nach der Sendung konnte man zum Beispiel auf Twitter lesen:

„Dieses Gesindel verrichtet auch seine große Notdurft im Domzu #Freiberg/Sa! Da wundere sich noch einer, dass die #Sachsenlaut werden!“

Für den MDR stellt Steimles Dom-Geschichte kein Problem dar, die Redaktionsleitung schreibt dazu:

„In Freiberg sagt Uwe Steimle: „Und hier ist es wirklich passiert, dass ich rein wollte in den Dom.“ Und nicht dass das was er daraufhin erzählt bekam wirklich passiert sei.“

Achso.

Einige Wochen später, im Januar 2018, tritt Steimle in der Dresdner Herkuleskeule auf. Wieder erzählt er vom geschlossenen Dom in Freiberg – und die Geschichte der Notdurft hinter dem Altar. Er erzählt auch von Volksverrätern, amerikanischer Drecksmusik und Schutzhaft für Merkel…

Als kurz darauf auf einer rechten Internetseite über die Pläne Freibergs, ein Zuzugsverbot für Flüchtlinge zu erlassen, berichtet wird, kommentiert ein Benutzer:

Screenshot des Kommentars
„die haben dort in freiberg im dom zu den besuchszeiten hinter dem altar ihre notdurft verrichtet, völlig verständlich die reaktion, müsste jede stadt so machen!“

Steimles Geschichte verbreitet sich. Der Zusatz, dass es eine „Geschichte“ ist, verliert sich freilich schnell. Auf Nachfrage beim MDR, wie dieser sich zu der fraglichen Ausgabe von „Steimles Welt“ positioniert, heißt es, dass „Steimles Welt“ „eine Unterhaltungssendung“ sei, „die versucht, möglich uninszeniert, dem Volk aufs Maul zu schauen.“

Das scheinen jedoch nicht alle Zuschauer zu begreifen:

„Wenn der Dom in #freiberg#Sachsen nicht mehr kostenfrei zu betreten ist, damit unsere #Goldstücke Ihre Notdurft nicht im Gotteshaus verrichten… #unzivilisert“ liest man auch im Januar 2018, wieder auf Twitter.
Im Februar 2018 hat Steimle einen weiteren TV-Auftritt in der MDR-Satiresendung „Kanzleramt Pforte D“. Er erzählt wieder von Freiberg. Vom Dom und von der Notdurft. Mit einer klitzekleinen Änderung: War es 2017 noch eine vor längerer Zeit erlebte Gesprächssituation mit einer nicht näher zu bestimmenden Gesprächspartnerin, die er seinem Team während der Dreharbeiten nacherzählte, ist die Geschichte 2018 plötzlich jünger. Auch die Relevanz der Gesprächspartnerin steigt, wenn Steimle im „Kanzleramt Pforte D“ neuerdings suggeriert, sie sei eine Mitarbeiterin des „Dompfarrstübchens“. In der neuen Fassung trifft Uwe Steimle erst während der Dreharbeiten zur Verkostung der Freiberger Eierschecke auf seine Gesprächspartnerin, die ihm den geschlossenen Dom mit der vertrauten Wendung „Die kacken hintern Altar“ erklärt. 

Auch die Antwort auf Steimles Nachfrage, wer denn also „die“ seien, wird jetzt konkreter: „Deutsche machen solche Haufen nicht.“

Der Dom in Freiberg kostet seit mindestens 28 Jahren Eintritt und ist während der Öffnungszeiten des Domladens dafür geöffnet. Führungen gibt es zur vollen Stunde und wer zur Andacht oder zum Gebet einkehren will, kann dies kostenlos in der Annenkappelle, der „kleinen Schwester“ des Freiberger Doms tun.

All das erfährt man in „Steimles Welt“ aber nicht. Selbst wenn der MDR also meint, mit dieser Räuberpistole nur dem „Volk aufs Maul zu schauen“, sich also über Gerüchte, Hoaxes und Falschmeldungen lustig zu machen, ist völlig offen, warum schon die Einleitung der Geschichte fortwährend umgedichtet werden muss.

Warum es einer Unterhaltungssendung oder einem Kabarett überhaupt gut zu Gesicht stehen soll, solche Ammenmärchen zu verbreiten, bleibt wohl das Geheimnis von Steimle und dem MDR. Der gesamte Gag ist eine langwierige und schwerfällige Angelegenheit, aber am Ende vor allem eines: Scheiße.

PS: Am 23. Februar 2018 verkündete die „Ökumenische Friedensdekade e.V.“, dass Uwe Steimle für dieses Jahr die Schirmherrschaft des Vereins übernimmt.

Update, 28.02.2018: Die „Ökumenische Friedensdekade e.V.“ beendet die Zusammenarbeit mit Uwe Steimle.

Die AfD-Fraktion Sachsen und eine „Schneise der Verwüstung“

Ein Gastbeitrag von AfD-Check-Sachsen

In einer Pressemitteilung vom 13.03.2017 bemängelt die AfD-Fraktion Sachsen, dass statt Geld für altersgerechtes Wohnen aufzuwenden, dieses für Asylunterkünfte verwendet wird. Wortwörtlich heißt es da nun:

„Auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Drs. 6/8440) gab die Staatsregierung bekannt, dass für die Sanierung der als Asylunterkünfte genutzten landeseigenen Turnhallen 2,73 Millionen Euro ausgegeben wurden.“

Nein. Landeseigen waren nur 8 der 10 Turnhallen, die in den 2,73 Millionen zusammengefasst sind. Korrekt wären demnach 2,49 Millionen Euro für die landeseigenen Turnhallen. Der Rest wurde vom Bund übernommen.

„Dazu erklärt die sportpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion und Mitglied im Schulausschuss, Andrea Kersten: „Nagelneue Turnhallen mussten von Grund auf saniert werden, weil viele Asylbewerber, die vorgeblich Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, eine Schneise der Verwüstung hinterlassen haben.“

Nein. Die Schäden in den Turnhallen haben verschiedene Gründen. Eine „Schneise der Verwüstung“ gab es allerdings nicht. Zu einer Turnhalle der TU Dresden sagte eine Sprecherin des SIB (Sächsisches Immobilien- und Baumanagement) laut der Zeitung DNN, „Vandalismus könne bei den Schäden ausgeschlossen werden – weder durch die Bewohner, noch durch Rechtsextreme.“ Viele Schäden sind Gebrauchsspuren, die so oder so entstehen, ob durch die Nutzung als EAE oder als Turnhalle. In Dresden sind zum Beispiel gar Schäden zu beklagen, weil der Hallenboden „mit hohen Lasten befahren“ wurde. Inwiefern welche Turnhallen, die als EAE benutzt wurden, bei Bezug übrigens „nagelneu“ waren, erschließt sich uns übrigens nicht. Teilweise waren die Hallen offenbar 20 Jahre ohne Renovierung oder Sanierung in Betrieb.

„So wurden allein in die Sporthalle der Universität Leipzig 835.000 Euro investiert, damit Studenten dort wieder Sport treiben können.“

Eben jene Ernst-Grube-Halle in Leipzig war ganz und gar nicht nagelneu. Kersten stellt diese Turnhalle hier heraus, weil deren Sanierung die meisten Kosten verursachte. Allerdings: „Der Zyklus einer Nutzungsdauer einer Sporthalle wurde komplett ausgeschöpft und somit der Stillstand des Betriebes im Februar für die Sanierungen genutzt.“ (mephisto 97.6) Das größte Teil des Geldes für die Grube-Halle floss in das denkmalgeschützte Parkett. Denn: „Der Boden hatte nach 20 Jahren ganz normale Abnutzungserscheinungen und hätte sowieso bald ersetzt werden müssen.“ zitierte die LVZ eine Sprecherin des SIB. Abgesehen von all dem, dass es sich hier um keine, sagen wir, normale Unterbringungssituation gehandelt hat, dürfte wohl auch der AfD-Fraktion klar sein. Wenn 400 Menschen zum Beispiel in der Ernst-Grube-Halle schlafen, ist das eine Situation, die eben ganz und gar nicht alltäglich ist und mit einer „Schneise der Verwüstung“ allenfalls zynisch beschrieben ist. Oder mit anderen Worten: Dass in einer Turnhalle hunderte Menschen leben (sic!), ist sonst eben allenfalls im Rahmen des Katastrophenschutzes denkbar. Die AfD tut so, als wären Hotelzimmer von einer Rock-Band zerstört worden.

„Gleichzeitig fehlen in Sachsen aktuell 74.000 Wohnungen für alters- und behindertengerechtes Wohnen, berichtet heute die ‚Sächsische Zeitung‘. Für Senioren und Rollstuhlfahrer war in den letzten Jahren nie genug Geld da, um schwellenlose Zugänge zu Häusern und Wohnungen oder Fahrstühle zu bauen. Doch für ‚die Menschen, die erst seit Kurzem hier leben‘ wird ein großes Füllhorn an finanziellen Wohltaten ausgeschüttet – eine Diskriminierung aller sächsischen Steuerzahler.“

Losgelöst von dem willkürlichen Vergleich zweier völlig verschiedener Themen (und Finanztöpfe) und dem damit verbundenen gegeneinander Ausspielen von Flüchtlingen und Deutschen, hinkt Kerstens Abschluss sowieso. Das sogenannte Füllhorn für die Sanierung der Sporthallen, die teilweise also am Ende ihrer regulären Nutzungszeit angekommen waren, kommt genau wem zu Gute? Eben nicht Flüchtlingen und Asylunterkünften, wie in ihrem Facebook-Teaser zu lesen ist. Kersten suggeriert jedenfalls, dass die Hallen noch vor Nutzung der EAE saniert worden wären. Faktisch wurden nun, teils sowieso kurz bevorstehende, Renovierungsarbeiten einfach vorgezogen. Warum die Nutzer der Turnhallen das nun diskriminierend finden sollen, weiß vermutlich nur die AfD.

Quellen:

Ein Jahr Hoaxmap

“Hallo Welt! Hoaxmap sammelt Gerüchte und deren Widerlegungen im Zusammenhang mit Geflüchteten.” – mit diesen Worten verkündeten wir in den Abendstunden des 8. Februar 2016 die Veröffentlichung der Hoaxmap. Zu diesem Zeitpunkt versammelte die Karte 176 Gerüchte aus dem deutschsprachigen Raum samt ihren Widerlegungen, sortiert nach Themen, Datum, Ort und Land bzw. Bundesland.

Wir erwarteten zunächst, dass sich nur eine eher kleine Teilöffentlichkeit für das Projekt interessieren würde, die sich ohnehin regelmäßig mit Themen wie Asylpolitik, Rassismus oder auch Medien- und Informationskompetenz auseinandersetzt. Es sollte anders kommen – in den Wochen nach der Veröffentlichung waren wir nach Feierabend und an den Wochenenden pausenlos damit beschäftigt, neue Fälle einzutragen, die NutzerInnen uns mitteilten, und Presseanfragen nicht nur aus dem “Einzugsgebiet” der Karte, sondern aus der ganzen Welt zu beantworten. In anderen Ländern wurde die Hoaxmap-Idee aufgegriffen und in ähnlichen Projekten umgesetzt. Die Karte hatte einen Nerv getroffen. Das zeigte sich nicht zuletzt in der Nominierung für den Grimme Online Award 2016.

Neben dem überwältigenden positiven Feedback blieben auch Negativreaktionen nicht völlig aus. Außer zahlreichen Beschimpfungen und mal mehr, mal minder subtilen Drohungen entwickelte sich ein bunter Strauß an Verschwörungstheorien über die Finanzierung der Karte. Als angebliche Auftraggeber wurden unter anderem die Soros-Foundation, die NATO, das ZDF oder auch Bundeskanzlerin Merkel ausgemacht. Dass die Karte dann auch noch von Bundesjustizminister Heiko Maas oder vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lobend erwähnt wurde, beflügelte erst recht die Gerüchte, staatliche Stellen der Bundesrepublik würde hinter dem Projekt stecken (unseren absoluten Favoriten möchten wir euch nicht vorenthalten: Link). Einige Hater verstiegen sich sogar zu der Behauptung, wir selbst hätten die Gerüchte, deren Widerlegungen auf der Karte zu finden sind, überhaupt erst in die Welt gesetzt.

The question, and the most important one, now remains for me: Who or what is funding this website? Given that both people are well-known refugee “activists” and that Ms. Schwarz has long-standing ties to the German government (as shown above), the answer seems pretty clear: (Bild von Angela Merkel)
Quintessenz einer Verschwörungstheorie auf shoebat.com: Hoaxmap wird von Merkel finanziert! (Die kompletten 10 Euro Hosting-Kosten pro Monat!)

Bei uns bleibt dennoch die Hoffnung, im ersten Jahr unserer Arbeit nicht in erster Linie selbst einen neuen Gegenstand für Spekulationen, sondern vielmehr vor allem ein Werkzeug für die Recherche von Gerüchten und Falschmeldungen sowie einen Beitrag zu einer Debatte geschaffen haben, in der es lange Zeit fast ausschließlich um Strafverschärfungen und Aushöhlungen des Asylrechts ging und in der Geflüchtete nicht als individuelle Menschen, sondern als einheitliche, bedrohliche Gruppe betrachtet wurden. Wir hoffen, wir konnten helfen, den Blick für Falschbehauptungen und Fälschungen im Internet zu schärfen und Menschen zu bewegen, Inhalt und Herkunft von Meldungen stärker zu prüfen, bevor sie sie in sozialen Netzwerken weiterverteilen.

Diagramm mit Fällen pro Monat
Einträge auf der Hoaxmap nach Datum des urpünglichen Geschehens

Auf jeden Fall können wir festhalten, dass Hoaxmap inzwischen eine Institution ist, wenn es um das Thema Falschbehauptungen im Netz geht. Das merken wir auch an den zahlreichen Presseanfragen, die uns in den letzten Wochen im Zuge der Debatte um “Fake News” wieder in verstärkter Form erreicht haben. In dieser Debatte um “Fake News” denkt die Politik nun erstmals über Maßnahmen gegen gefälschte Nachrichten und über rechtliche Konsequenzen für die Verbreiter von Falschbehauptungen nach – im scharfen Gegensatz zur Tatenlosigkeit vor einem Jahr, als PolitikerInnen selbst noch nicht so oft Gegenstand der Falschbehauptungen waren und sie auch noch nicht so sehr um ihre parlamentarischen Stimmanteile fürchteten; im scharfen Gegensatz beispielsweise auch zur Praxis eines Bundesinnenministers Thomas de Maizère, der sich mit zwei unbelegten Behauptungen über Geflüchtete selbst auf der Hoaxmap verewigt hat.

Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen bedanken, die uns bei dem Projekt geholfen und unterstützt haben. Wir bitten um Entschuldigung, wenn wir nicht immer alle Anfragen beantworten konnten – die Arbeit an der Hoaxmap muss bis heute nach dem Feierabend unseres Broterwerbs erfolgen. Wir machen weiter und haben noch viel vor!

 

Was Facebooks neue Fake-News-Initiative für den deutschsprachigen Raum bedeuten würde

tl;dr: erstmal nichts

Facebook hat einige Maßnahmen zum Umgang mit Falschmeldungen angekündigt. Nachdem wochenlang spekuliert wurde, ob diese sich direkt auf die Wahlergebnisse in den USA ausgewirkt haben, war Zuckerberg in Zugzwang geraten. So weit, so nachvollziehbar. Dabei handelt es sich, wie auch die Süddeutsche Zeitung schreibt, um ein Pilotprojekt. Was würden diese Maßnahmen aber für den deutschsprachigen Raum bedeuten?

Melden, melden, melden

Facebook will künftig Nutzern die Möglichkeit geben, Falschmeldungen als solche zu melden. Kurioserweise wurde diese Option in den vergangenen Wochen bereits einmal ausgerollt – auch in der deutschen Sprachausgabe. Inzwischen ist diese Option, zumindest bei mir, wieder verschwunden.

Screenshot vom 12.12.2016

Was mit den Meldungen passiert ist, die bis dahin eingelaufen sind? Man weiß es nicht.

Nun bedeutet eine zusätzliche Option zum Melden aber vor allem eins: Mehraufwand für diejenigen, die diese dann bearbeiten. Und an dieser Stelle hängt es bekanntlich, zum Beispiel im Bereich von Hate Speech, seit geraumer Zeit. Geht man davon aus, dass diese Option auch missbräuchlich benutzt werden wird, dürfte die Voraussetzung für den Erfolg dieser Maßnahme auch die Vergrößerung des entsprechenden Teams sein. Fun fact am Rande: bei Youtube wird ein Video von Justin Bieber deutlich häufiger als unpassend gemeldet als jegliche andere Videos.

Der Algorithmus weiß Bescheid

Facebook will außerdem testen, Artikel, die nach dem Lesen weniger geshared werden, schlechter zu bewerten, denn:

We’ve found that if reading an article makes people significantly less likely to share it, that may be a sign that a story has misled people in some way.

Betrachtet man aber die Anzahl der Interaktionen bei falschen Stories während der heißen Phase des US-Wahlkampfes, ist das allerdings nur die halbe Wahrheit (Buzzfeed hat das im November entsprechend ausgewertet).

Fake News kennzeichnen

Wir erinnern uns: vor zwei Jahren gab es seitens Facebook eine entsprechende Initiative, satirische Meldungen als solche zu kennzeichnen, weil eine beachtliche Zahl von Facebook-Nutzern Inhalte von The Onion oder des Postillon für bare Münze nahmen. Die Maßnahme setzte sich nicht durch.

Als Falschmeldungen bekannte Inhalte sollen auch künftig auf Facebook geteilt werden können – allerdings mit einem Warnhinweis versehen. Facebook arbeitet in diesem Bereich mit Politfact und Snopes zusammenarbeiten. Das könnte in den USA gut funktionieren, beachtet man, dass Fake News dort vor allem über eine Vielzahl mehr (selten auch weniger) dubioser Websites verbreitet werden. Entsprechend können Links zu diesen Seiten geflaggt werden.

In Deutschland dagegen verbreiten sich Falschmeldungen selten auf diesem Wege. Deutschsprachige Websites, die vor allem dazu geschaffen wurden, Falschmeldungen aus politischen oder monetären Gründen in die Welt zu setzen, gibt es – bisher – kaum (eine Ausnahme ist die DIY-Fake-News-Seite 24aktuelles). Hier spielen vor allem vermeintliche Augenzeugenberichte, die als Textposts daherkommen, und Fotos, die in neuen Kontexten verwendet werden eine Rolle. Ebenso werden falsche Zitate in Umlauf gebracht. Diese Meldungen zu flaggen ist ohne entsprechenden Aufwand kaum machbar.

Dementsprechend spielt auch die Initiative Facebooks, finanzielle Anreize zu verringern, zumindest im Bereich der Falschmeldungen erstmal eine untergeordnete Rolle.

Die konkreten Maßnahmen sind also zunächst einmal auf die USA und die spezifische Verbreitungsweise von Falschmeldungen zugeschnitten. Nichtsdestotrotz bleibt spannend, welche Wege Facebook in diesem Bereich geht und künftig gehen wird. Ob es vergleichbare Projekte in weiteren Ländern geben soll und wie das Ganze in Ländern mit unfreien Medien aussehen könnte, bleibt abzuwarten.